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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 19,2.1906

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Heft 13 (1. Aprilheft 1906)
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Batka, Richard: Von der Zukunft des Konzertwesens
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Schultze, Karl: Wissen und Schauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8629#0018

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Das müßt ihr auch, aber nicht euch allein. Auch wir Publi-
kum sind mitschuldig. Wir sind noch zu wenig organisiert, und unsre
Musikvereine wissen noch immer nicht recht, wo hinaus, sie meinen
noch immer, rnit den Virtuosen- und Symphoniekonzerten in Wett-
bewerb treten zu müssen. Zwischen den letzteren besteht ein »Pro-
gramm-Austausch«, welcher den minder selbständigen Dirigenten zeigt,
was »marktgängig« ist. Wichtiger im Sinne der musikalischen Kultur
scheint mir die regelmäßige Veröffentlichung eigenartiger und wirk-
lich künstlerisch komponierter Programme von Kammermusik-, Kla-
vier- und Liederabenden an einer vielbemerkten Stelle. Das gäbe
nicht nur praktisch bewährte Muster, sondern auch Anregung zu
weiteren Versuchen. Die Frage nach der Zukunft der Konzerte scheint
mir im wesentlichen eine Programmfrage zu sein . . . Die Vereine,
welche die kleineren Formen der Musik pflegen, die zum Teil der
öffentlichen Kritik entrückt sind, müssen sich aneinanderschließen,
müssen miteinander in Fühlung bleiben. Dann können sie für euch
Künstler eine sichere Daseinsgrundlage bilden, dann braucht ihr
nicht mehr zu fürchten, von den »großen Virtuosen« erdrückt zu
werden.

„Und die Virtuosen selbst, was werden die dazu sagen?"

Jch meine, sie wcrden eiuverstauden sein. Das Dümonische,
das in jedem ungewöhnlichen Können lebt, behält seine bannende
Kraft auf die Menschen dnrch alle Wandelungen der Zeit und hat
sein Recht — nur soll man den Neiz an »Künsten« nicht mit dem
an »Kunst« verwechseln. Wir werden der Finger- und Kehlenkünste
je unbefangener genießen, je weniger wir besorgen müssen, daß
man das Vergnügen daran mit der Freude an seelischen Bereiche-
rungen durch edle Tonschöpfer zusammenmengt.

Das Paar empfahl sich. Jn den Blicken des Mannes las ich
geringe Zuversicht. Musikanten haben ja für kunstpolitische Fragen
immer nur wenig Sinn. Jn dem Auge der Frau schien etwas wie
eine Hoffnung auszuschimmern. Ob sie den Rat befolgt? Und wie?
Gott weiß es! Richard Batka

Mssen unci 8ckauen

Bei einer Doktorpromotion wurde einmal die These aufgestellt,
daß die Beschäftigung mit wissenschaftlicher Literaturgeschichte den
ästhetischen Genuß vertiefe, d. h. daß das Aufsuchen und Ersorschen der
Bedinguugeu des einzelnen Werkes, der Zusammenhänge zwischen Dich-
ter uud Werk und den verschiedenen Dichterpersönlichkeiten den ästhe-
tischen Genuß des einzelnen Werkes steigere. Der Opponent bestritt
das: neiu, das alles diene zum „Verständnis" der Persönlichkeit des
Dichters und zur Erforschung literargeschichtlicher Gesetze, den eigent-
lichen ästhetischen Genuß aber gewähre allein das vom persönlichen
Hintergrund losgelöste Werk für sich. Es handelt sich hier um die
heißumstrittene Frage vom Verhältnis des wissenschastlichen Begreisens
zum ästhetischen Genuß. Ein Beispiel. „Goethes Gedicht »An den
Mond« ist wundervoll," sagt der ästhetisch Genießende. „Lieber Mann,"

S Runstwart XIX,
 
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